Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts
Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen
Buchstabenwürfel formen das Wort Unterhalt auf Geldscheinen, © picture alliance
Geltendmachung von offenen, noch nicht titulierten Forderungen.
Dieses Merkblatt enthält Ausführungen betreffend der Möglichkeit der Geltendmachung von offenen, noch nicht titulierten Forderungen, sowie bezüglich der Vollstreckung von in Deutschland bereits titulierten Unterhaltsforderungen dort lebender Unterhaltsberechtigter, bei denen der Verpflichtete seinen Wohnsitz in Portugal hat.
Rechtsgrundlagen zur Geltendmachung und Vollstreckung von Unterhaltsforderungen
Seit dem 18.6.2011 wird durch das Haager Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen (HUÜ) vom 23.11.2007 und durch das Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (HUP) bestimmt, welches das auf die Unterhaltspflichten anwendbare Recht ist. Diese Protokolle ersetzen das Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 und das vom 24. Oktober 1956 und gelten auch in Übereinkunft mit der Ukraine und der Türkei.
Zudem wurde mit der seit dem 18.06.2011 geltenden Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (EuUntVO) ein eigenständiges Rechtsinstitut innerhalb der Europäischen Union geschaffen, welches die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten regelt.
Durch die EuUntVO werden die zuvor geltenden Bestimmungen der EuGVO und der EuVTVO ersetzt (Art. 68 EuUntVO).
Die EuUntVO hat in ihrem Anwendungsbereich im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten gegenüber Übereinkommen und bilateralen sowie multilateralen Vereinbarungen Vorrang (Art. 69 I, II EuUntVo).
Anwendbares Recht
Nach dem Haager Protokoll vom 23.11.2007, welches aus deutscher Sicht auch für eingetragene Lebenspartner gilt, kommt grundsätzlich das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Unterhaltsberechtigten zur Anwendung: hat der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Portugal, wird portugiesisches Unterhaltsrecht angewendet, hält er sich gewöhnlich in Deutschland auf, wird deutsches Unterhaltsrecht angewendet. Sobald ein Aufenthaltswechsel erfolgt, gilt folglich das Recht des neuen Aufenthaltsortes.
Dies gilt auch, wenn der Unterhaltsverpflichtete bereits Klage an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem anderen Mitgliedstaat erhoben hat.
Geltendmachung der Unterhaltsansprüche mit Hilfe der Zentralen Behörden in Deutschland
Gemäß Art. 49 ff. EuUntVO wurde in Deutschland eine Zentrale Behörde geschaffen, die bei der Feststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen hilft.
Hierdurch soll dem Unterhaltsberechtigen die Geltendmachung und Durchsetzung ihrer Ansprüche erleichtert werden. Weder ist die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich, noch fallen im Regelfall Kosten für dieses Verfahren an.
In Deutschland wurde das Verfahren nach der EuUntVO durch das Auslandsunterhaltsgesetz (AUG) ausgestaltet.
Der Unterhaltsberechtigte in Deutschland hat nunmehr die Möglichkeit, nach Art. 56 EuUntVO einen Antrag auf Unterstützung in Unterhaltssachen zu stellen. Der Antrag ist beim zuständigen Amtsgericht mit Hilfe des „Formblattes für einen Antrag im Hinblick auf die Herbeiführung oder die Änderung einer Entscheidung in Unterhaltssachen“ (Anhang VII der EuUntVO) einzureichen.
Zuständig ist das Amtsgericht, das für den Sitz des Oberlandesgerichtes zuständig ist, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Wohnt der Antragssteller beispielsweise in Lübeck, dann ist das Amtsgericht Schleswig zuständig, da Lübeck zum Oberlandesgerichtsbezirk Schleswig gehört und dort das OLG seinen Sitz hat.
Nach Antragsstellung findet eine Vorprüfung durch das Amtsgericht statt. Soweit keine Ablehnungsgründe vorliegen, wird der Antrag durch das Gericht an das Bundesamt für Justiz weitergeleitet, welches in Deutschland die zentrale Behörde darstellt.
Diese unternimmt alle geeigneten Schritte, um den Unterhaltsanspruch des Berechtigten durchzusetzen. Sie hat hierbei die Interessen und den Willen des Berechtigten zu beachten (§ 5 AUG). Die zentrale Behörde ist bevollmächtigt, im Namen des Antragsstellers tätig zu werden, insbesondere den Unterhaltsanspruch im Wege eines Vergleichs oder eines Anerkenntnisses zu regeln.
Gerichtliche Geltendmachung
Gemäß Art. 3 EuUntVO ist grundsätzlich das Gericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Unterhaltsverpflichteten oder des Unterhaltsberechtigten zuständig.
Liegt der gewöhnliche Aufenthaltsort des Berechtigten in Deutschland und der des Verpflichteten in Portugal, so steht es dem Berechtigten frei, zur Geltendmachung seiner Forderungen vor ein deutsches Gericht zu ziehen.
Soweit nicht Gegenstand der Forderung die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen eines minderjährigen Kindes ist, besteht auch die Möglichkeit der Gerichtsstandesvereinbarung zwischen den Parteien.
In Deutschland richtet sich die örtliche und sachliche Zuständigkeit nach den entsprechenden Vorschriften des FamFG und des GVG.
Durchsetzung von bereits titulierten Forderungen
Hat der Gläubiger einen Titel gegen den Schuldner und kommt dieser seinen Verpflichtungen nicht nach, so kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreiben.
Ein vollstreckbarer Titel kann unter anderem eine Gerichtsentscheidung sein. Die Vollstreckung eines deutschen Titels kann in Portugal mit Hilfe des Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren erfolgen.
Die EuUntVO enthält eine Erleichterung für die Vollstreckung von Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden über Unterhaltspflichten. Diese Titel sind auch ohne Vollstreckbarerklärung in den anderen Mitgliedstaaten vollstreckbar, wenn sie in einem Mitgliedstaat ergangen, geschlossen, bzw. verkündet worden sind, der durch das Haager Protokoll vom 23.11.2007 gebunden ist. Abgesehen von Dänemark und Großbritannien trifft dies auf alle Mitgliedstaaten zu.
Es kann also einer der vorgenannten deutschen Titel über Unterhaltspflichten in Portugal ohne weitere Zwischenschritte unmittelbar vollstreckt werden. Die Vollstreckung deutscher Titel in Portugal richtet sich nach portugiesischem Recht. Der Antragsteller muss den portugiesischen Vollstreckungsbehörden eine amtliche Ausfertigung der zu vollstreckenden Entscheidung und eine Bescheinigung des erkennenden deutschen Gerichtes (Formblatt, Anhang I zur EuUntVO) vorlegen.
Weitere Informationen sowie die entsprechenden Formulare finden Sie hier:
Hinweis:
Alle Angaben in diesem Merkblatt beruhen auf Erkenntnissen und Einschätzungen der Botschaft im Zeitpunkt der Textabfassung. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit, insbesondere wegen zwischenzeitlich eingetretener Veränderungen, kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Für Rückfragen steht das Rechts- und Konsularreferat der Botschaft gerne zur Verfügung.